Salzburger Musikantenhochzeit,
Hochzeit im Salzburger Flachgau
Unbekanntes Brautpaar um die Jahrhundertwende vom Gaisberg.
Die Hochzeitstracht ist dunkel, der Mann hat den Hut auf.
Beim Fotografieren wurde nicht gelächelt.
Auffallend auch die sehr erwachsenen Gesichtszüge.
Hinweis: Die Hochzeitsbräuche und die Bezeichnungen für Personen und
Handlungen sind oft nur sehr lokal gültig. Schon wenige Ortschaften entfernt können
andere Sitten und Gebräuche herrschen.
In Wals, im Südwesten an Salzburg grenzend, z.B. wird ein Wettrennen in
Unterhosen vor der Hochzeit unter den ledigen Burschen veranstaltet. Der Sieger
wird "erster Hoazatbua", der letzte ist die "Sau".
In Golling, ca. 15 km südlich von Salzburg, gibt es keinen Hochzeitlader.
Salzburger Musikantenhochzeit (Text
von Kapellmeister Josef Radauer)
Lebendige Tradition prägt heute noch viele Hochzeiten im Lande Salzburg. Auch
in Aigen erinnert so manches dieser Feste an Bauernhochzeiten aus vergangenen
Tagen mit zahlreichen, seit Generationen überlieferten Bräuchen. Wie dem
Hochzeitslader kommt dabei auch der Musikkapelle eine tragende Rolle zu. Vom
Vorabend der Hochzeit bis hin zur Verabschiedung der Brautleute am Ende
begleiten die Musikanten mit ihren Instrumenten das Brautpaar und seine Gäste.
Von feierlicher Rührung bis zur ausgelassenen Fröhlichkeit gibt die Musik den
passenden Rahmen und die Musiker sind stolz auf ihre wichtige Aufgabe.
Hochzeiten zählen wahrlich zu den schönsten Erlebnissen eines Blasmusikanten und deshalb haben wir uns entschlossen ein solches Ereignis musikalisch auf einem Tonträger festzuhalten - gleichsam als Dokumentation des Hochzeitsbrauchtums in unserer Gegend und darüber hinaus, denn auch im übrigen Land wird wohl noch in ähnlicher Form geheiratet.
Brautliedblasen
Am Vorabend des freudigen Ereignisses versammeln sich einige Musikanten - meist
mit zwei Flügelhörnern "bewaffnet" - vor dem Elternhaus der Braut um
für sie das Brautlied (1) zu blasen:
Die Sonne neiget sich, sie geht zur Ruh, sie wirft den letzten Blick Dir freundlich zu... ... hast Du geprüft Dein Herz, treibst Du damit nicht Scherz, es ist die letzte Nacht, junge Braut gib acht!....
Oft trifft man dort auf die Prangerschützen, die schon zuvor eine Ehrensalve für die Braut und die Brauteltern abgefeuert hatten. Während die Braut sich bald zur Ruhe begibt um am nächsten Tag gebührend zu strahlen, teilen die Übrigen die Vorfreude in gemütlicher Runde bis tief in die Nacht hinein...
Am Hochzeitsmorgen
Die Hochzeitsgesellschaft trifft sich schon vor der Messe beim Kirchenwirt. Die
Schützen haben bereits zeitig in der Früh die Leute geweckt und von den Hängen
des Gaisberges der ganzen Stadt die freudige Botschaft verkündet. Die Blasmusik
versucht die Wartezeit auf die Braut zu verkürzen und mit fröhlichem Spiel die
nach und nach Ankommenden zu unterhalten...
Endlich kommt die Braut (2). Alles strömt zur Begrüßung auf den Kirchplatz und der Hoch- zeitslader stellt den Hochzeitszug für den Einzug in die Kirche zusammen - voran die Musikapelle, die den Zug zum Portal der Kirche geleitet (3).
Die heilige Messe
Drinnen sind schon die Turmbläser bereit den Hochzeitszug zu empfangen (4) und
der Pfarrer kann feierlich die Messe beginnen (5). Traditionsgemäß erklingt
dabei nach der Vermählung ein getragener Jodler (6) in stiller, vornehmer
Freude...
Das Hochzeitsmahl
Nach der Messe ladet das Brautpaar zum Hochzeitsmahl ins Gasthaus (7). Die
Blasmusik gibt ein kleines Konzert am Mittagstisch (8,9,10,11,) und Kinder
tragen Sprüche und Gedichte vor. Mit einem Lauffeuer der Schützen sowie einem
Ehrenmarsch (12) der Trachtenmusikkapelle wird das "Weisen"
eingeleitet. Die Vereine haben jetzt Gelegenheit dem Brautpaar zu gratulieren
und Geschenke darzubringen.
Die
Ehrentänze
Danach kündet der Hochzeitslader die Ehrentänze an (13). Dabei steht das
Hochzeitspaar einmal mit den Verwandten der Braut, dann mit den Verwandten des
Bräutigams, dann mit den Nachbarn, den Arbeitskollegen oder den verschiedenen
Vereinen auf der Tanzfläche und es wird paarweise im Kreis Walzer getanzt. Nach
jedem "Gsatzl", das sind 16 Takte, bewirkt ein "umi geht's!"
des Hochzeitsladers, dass die Tänzerinnen zum jeweils nächsten Tänzer vorrücken,
wodurch jeder Gelegenheit erhält mit Braut oder Bräutigam zu tanzen. Sind
beide wieder zusammengekommen, folgt der Ehrentanz für die nächste Gruppe
usw...
Das
Brautstehlen
In der Regel hat der Hochzeitslader das Geschehen fest im Griff und seinen
Anordnungen wird gerne Folge geleistet. Nur bei den Ehrentänzen der Vereine
kann es zu Schwierigkeiten kommen, ergibt sich doch hier die beste Möglichkeit
die Braut zu stehlen - ein trotzdem heikles Unterfangen, denn die anderen
Vereine wollen dies verhindern, Bräutigam und Hochzeitslader müssen abgelenkt
werden und bis sich Braut, Brautstrauß und Kranzlbraut in den Händen eines
Vereines befinden, kann es mitunter zu turbulenten Situationen kommen. Es soll
auch schon vorgekommen sein, dass, während die Brautstehler triumphierend in
ein benachbartes Wirtshaus gezogen sind, die Konkurrenten lediglich mit einem
Teil des Brautkleides zurückbleiben mussten.
Beim
Brautstehlen selbst wird für kurze Zeit die Feierlichkeit einer Hochzeit
zugunsten ausgelassener Unterhaltung vergessen (14). Wenn schließlich die
Hochzeitsgesellschaft, allen voran Bräutigam und der Hochzeitslader mit seiner
Laterne kommen um die Braut wieder auszulösen und abzuholen, hat schon so
manche "Gestohlene" das zu frühe Ende dieses kurzweiligen
"Abenteuers" bedauert und während die Musikkapelle zur Hochzeitstafel
zurückfährt (15), hat man des öfteren einige "Oberbrautstehler" an
Ort und Stelle zurücklassen müssen...
Brautübergabe
und Weisen
Mittlerweile ist es Abend geworden. Die Brautstehler erhalten einen
"Extratanz" (16) und bringen viel Schwung in die
Hochzeitsgesellschaft. Bevor aber der allgemeine Tanz beginnt, bittet der
Hochzeitslader noch einmal um Aufmerksamkeit: Es ist Zeit für die "Brautübergabe"
(17). Während eines ruhigen Walzers (18) übergibt dabei der "erste
Hozatbua" die Braut an den zuvor mit der Kranzlbraut tanzenden Bräutigam
und damit ist sozusagen die "weltliche Vermählung" vollzogen. Der
Hochzeitslader fasst die Gratulationen und Glückwünsche in seinem und im Namen
der Anwesenden zusammen und verbindet sie mit lustigen Episoden aus dem
bisherigen Leben der Brautleute. Mit diesem "Abdank" beschließt er
seine offizielle Tätigkeit und kündet noch das allgemeine "Weisen"
an, das dem Hochzeitpaar Gelegenheit gibt, einzeln die guten Wünsche und
Geschenke der Hochzeitsgäste entgegenzunehmen (19, 20).
Dann darf endlich nach Herzenslust getanzt und gefeiert werden (21) und vor allem die "Frischvermählten" sollten nun kaum mehr zur Ruhe kommen... ... bis Mitternacht, denn spätestens um 24 Uhr heißt es: "Schlusswalzer"!
Verabschiedung
Die Hochzeitsgesellschaft bildet einen Kreis in dessen Mitte das Brautpaar
alleine tanzt (22). Die Musikanten geben sich noch einmal alle Mühe ihren schönsten
Walzer hervorzubringen (23) und das rhythmische Klatschen hilft den vom
anstrengenden Tag doch schon etwas Gezeichneten.
Dann wartet bereits der Hochzeitschauffeur und die Musikanten begleiten die beiden vor das Gasthaus.
Beste Wünsche und ein letztes Lied (24) klingen ihnen nach, wenn sie müde aber glücklich und zufrieden in die hochverdiente Ruhe der Hochzeitsnacht entschweben...
Die Musiker aber drehen sich um, spielen den Übriggebliebenen noch einmal kräftig in die Tanzbeine (25) und freuen sich noch lange über das gelungene Hochzeitsfest.
Inhaltsverzeichnis der CD
1. |
Die Sonne neiget sich.... (Brautlied am Vorabend) Volksweise |
Weisenbläser |
0.59 |
2. |
Alte Böhmische Fanfare (zur Begrüßung der Braut) Volksweise* |
Turmbläser |
1:05 |
3. |
Erzherzog Albrecht Marsch (Zug zum Portal der Kirche) K. Komzak/H. Weber |
Musikkapelle |
2:23 |
4. |
Hora Decima aus der Turmsonate Nr 32 (Einzug in die Kirche) J.Pezelius (1670)* |
Turmbläser |
1:52 |
5. |
Kyrie aus der Aigner Festmesse Shane Woodborne (1995) |
Musikkapelle |
3:52 |
6. |
Brautjodler (nach der Vermählung) Volksweise* |
Tenorhornquartett |
1:06 |
7. |
La Mourisque (Auszug aus der Kirche) Tylman Susato (ca. 1500)* |
Turmbläser |
1:42 |
8. |
Simson Marsch (Marsch zum Gasthaus) Hans Schmid |
Musikkapelle |
2:33 |
9. |
Stad - lustig (Tischweisen) Volksweise* |
Klarinettenmusi |
3:07 |
10. |
Roter Paprika (Konzert am Mittagstisch) Herbert Nieswandt |
Musikkapelle |
4:47 |
11. |
Vivat dem Bräutigam (Hochzeitsweise) Volksweise* |
Tenorhorntrio |
1:07 |
12. |
Bosna Selamlik (Ehrenmarsch zum Weisen der Vereine) Edmund Wagnes |
Musikkapelle |
2:44 |
13. |
Halb-auf (Ehrentänze) Volksweise* |
Gaisberg-Tanzlmusi |
3:13 |
14. |
Salzburger Walzer ( beim Brautstehlen) Volksweise* |
Alte-Aigner Tanzlmusi |
3:04 |
15. |
In festen Bahnen Marsch (zurück zur Hochzeitstafel) Adi Rinner |
Musikkapelle |
3:19 |
16. |
Schifahrer Polka ('I'anz für die Brautstehler) Volksweise* |
Gaisberg-Tanzlmusi |
1:16 |
17. |
Gedenket liebe Herzen zwei ... (zur Übergabe der Braut) Volksweise* |
Weisenbläser |
1:24 |
18. |
Schneeglöckerl Walzer (Brautübergabewalzer) Volksweise* |
Gaisberg-Tanzlmusi |
2:36 |
19. |
Hochzeitsmarsch (Ständchen) Södermann) |
Bläserquartett |
1:52 |
20. |
Annaberger Landler (Musik zum "Weisen") |
Klarinettenmusi |
1:57 |
21. |
Komm gut heim Polka (nach Herzenslust tanzen) Sepp Kufner/Harald Kolasch |
Musikkapelle |
2:19 |
22. |
Langenwanger Jodler (Aufstellen zum Schlusskreis) Volksweise* |
Posaunenquartett |
1:04 |
23. |
Brautnacht is (Schlusswalzer) Volksweise* |
Klarinettenmusi |
2:57 |
24. |
Das alte Brautlied (zur Verabschiedung) Volksweise* |
Weisenbläser |
1:14 |
25. |
Rückfaller Josef Radauer |
Die "Übriggebliebenen" |
0:45 |
Die wichtigsten Begriffe
Brautstrauß
Ein schöner Strauß, nur so groß, dass er den ganzen Tag mit geführt werden kann.
Entweder aus echten Blumen als auch Stoffblumen. Im zweiteren Fall wird der Brautstrauß
oft unter einen Glassturz gestellt und aufgehoben.
Der Brautrauß muss beim Brautstehlen mitgenommen werden.
Erster Hoazatbua
Dieser hat eine besondere Rolle. Zusammen mit der Kranzlbraut steckt der die
Hochzeitsbüscherl an und übergibt die Braut mit Glückwunsch an den Bräutigam bei der
Brautübergabe. Er bezahlt die Zeche beim Brautstehlen. Der erste Hoazatbua ist
üblicherweise ein jüngerer, unverheirateter Bruder des Bräutigams oder Cousin.
Gödn(leute)
Die Tauf- und Firmpaten. Diese werden mit diesem Titel angesprochen und gegrüßt.
Der "Göd" ist immer der "Göd", auch in der Öffentlichkeit.
Hochzeiter
Der Bräutigam. Die Anrede "Hochzeiter" wird beim Laden (zur Hochzeit) und am
Tag der Hochzeit gebraucht.
Hochzeitlader
Eine der wichtigsten Figuren am Hochzeitstag. Er organisiert die Aufstellung zum
Kirchgang, assistiert in der Kirche, organisiert die korrekte Reihenfolge beim
Mittagessen, sorgt dafür, dass die Braut nicht vor der Zeit gestohlen wird, bringt die
Gäste vom Brautstehlen wieder zeitgerecht zurück, macht den Dank und dichtet den
Hochzeitsbrief. Er nimmt dem Brautpaar und den Eltern die organisatorischen Belange ab und
sorgt für einen reibungslosen Ablauf.
Der Hochzeitslader ist nicht überall üblich, z.B. 15 km weiter in Golling.
Hochzeitsbüscherl
Fertigt die Braut oft selbst aus Stoffblumen an. Es gibt die normalen Büscherl, die etwas
schöneren für die Drangverwandten (Eltern, Geschwister, Gödnleute), ganz schöne für
das Brautpaar, einen Armkranz für den Pfarrer und ein spezielles Büscherl mit sehr
langen Bändern für den Hochzeitslader.
Kranzlbraut
Das Gegenstück zum Hozabua. Üblicherweise eine Schwester oder sonstige enge,
unverheiratete Verwandte der Braut.
Die Kranzlbraut muss beim Brautstehlen zusammen mit dem Hochzeitsstrauß unbedingt
mitgenommen werden.
Laden (gehen)
Die persönliche Einladung zur Hochzeit durch das Brautpaar. Dazu werden je nach Größe
der Verwandtschaft ca. 4-6 Wochen allabendlich und am Wochenende gebraucht! Man sollte ca.
2 Wochen vor der Hochzeit fertig werden. Zum Laden werden Listen erstellt oder befinden
sich innerhalb der Verwandtschaft, zu wem persönlich gegangen wird, wem die Einladung
anlässlich eines Besuches mit gegeben wird und wem mit der Post geschickt wird.
Weisen
Die Übergabe von Geschenken an das Brautpaar.