Lustige Geschichten

Wie es begann... Eine Geschichte wie man auch zur Musik kommen kann...
Rund um den Gaisberg Streiche hat es früher auch schon gegeben.

Rund um den Gaisberg...

Franz Nußdorfer, vulgo "Ramsei" inmitten der Brüder Steindl. Im Vordergrund Heinrich Steindl, welcher seit 1934 bei der Musik Mitglied ist. Entstehungszeitpunkt des Fotos ca. 1935.

Der Gaisberg - Salzburgs Hausberg im Osten - hatte schon immer für Aigen und seine Musikkapelle eine besondere Bedeutung.

Es gab auf der vorderen, der Stadt zugewandten wie auch der hinteren Seite - mit den Ortschaften Oberwinkl und Fager - kaum ein Bauernhaus, dem nicht wenigstens ein Musikant entstammte. Für die Musiker in früherer Zeit bedeutete die Zugehörigkeit zur Musik einerseits eine willkommene Abwechslung zur harten Arbeit des Alltags, andererseits aber auch oft große Strapazen, die der weite Weg zu den Proben und Ausrückungen mit sich brachte.

Um ein Beispiel zu nennen: Vor dem Krieg spielten bei der Musikkapelle die drei Söhne der Familie Steindl, welche den weiten Weg von ihrem Elternhaus - dem Hublehen in Oberwinkl nahe der Zistelalm - nach Aigen zu Fuß zurücklegten. Der Zeitaufwand für den Weg ins Tal betrug eineinhalb, für den Heimweg etwa zwei Stunden.

Zum Berggasthof Zistelalm gehörte damals eine große Landwirtschaft, in der einige Mägde und Knechte arbeiteten. Nach getaner Arbeit ging es manchmal in der "Moarstub'n" noch lustig zu. Oft wurde aufgespielt und die Hauserwirtin saß dann mitten unter den Leuten und freute sich, dass ihre "Untertanen" trotz harter Arbeit auch noch am Abend guter Dinge waren. Die Musikanten gehörten dabei durchwegs auch der Aigner Blaskapelle an und so sind einige lustige Begebenheiten aus dieser Zeit uns mündlich überliefert.

Eine davon soll hier niedergeschrieben sein:

Franz Nußdorfer, genannt "Ramsei", war Vorgeher (Oberknecht) auf der Zistl und Posaunist bei der Aigner Musikkapelle. Er galt als guter Musikant, den auch der härteste Arbeitstag nicht davon abhalten konnte, am Abend den weiten Weg in die Musikprobe anzutreten. Die Proben waren damals immer am Samstag und dauerten von 20 bis 23 Uhr. Meistens wurden sie im Gasthaus Flachner in der Nähe des Aigner Bahnhofes abgehalten. Für "Ramsei" waren diese Proben, auch wenn er noch so müde von der Arbeit war, sehr wichtig - auch deshalb, weil es im Gegensatz zu den anderen Wochentagen bei dieser Gelegenheit genug Bier zu trinken gab. Und einige Krügl gestattete er sich dann noch gerne über den Durst hinaus.

Der weite Heimweg auf den Gaisberg wurde ihm so manchmal doch zu beschwerlich und des öfteren zog er ein Nickerchen auf freiem Feld - etwa in der Gegend um Steinwand - vor. Dies konnte in der warmen Jahreszeit durchaus romantisch sein und wenn ihn das morgendliche Konzert der Vogelwelt weckte, ging es wieder zügig bergauf bis zur Zistlalm.

Einmal an einem Sonntagmorgen hatte es "Ramsei" trotz anstrengendem Probenbesuch noch in der Nacht bis zur Zistl geschafft und schlummerte nun auf der Ofenbank der "Moarstube". Kein Geräusch konnte ihn stören, er schlief tief und fest wie ein Murmeltier im Winterschlaf. Da fassten die andern Knechte, der Moar Lois und der Windhagauer Sepp, die ebenfalls der Musikkapelle angehörten, den Entschluss, ihrem Oberknecht einen Streich zu spielen. Sie entfernten im Haus Uhren und Spiegel, nahmen Ruß aus dem Ofen und schwärzten dem Schlafenden das Gesicht. Hernach weckten sie ihn jäh auf mit den Worten: "He - Ramsei - schnell - wir müssen zum Konzertspiel hinunter nach Aigen auf die Rennbahn!" Das stimmte zwar so ungefähr, aber das Konzert wäre erst einige Stunden später gewesen.

Ramsei, vom Schlaf und der abendlichen Anstrengung noch etwas benommen, nahm eiligst seine Posaune - Hose und Schuhe hatte er bereits an - dann noch schnell Rock und Hut und ab ging es mit den Kameraden auf dem kürzesten Weg, das war die Trasse der Gaisbergbahn, hinunter zur Trabrennbahn. Etwas eigentümlich kam es ihm schon vor, dass der Lois ihm ab und zu einen schelmischen Blick zuwarf und die ihnen begegnenden Leute ein komisches Grinsen nicht verbergen konnten, aber erst als sie viel zu früh bei der Rennbahn ankamen, wusste er, daß irgendetwas faul war. Und endlich, als ihm der Lois später lachend einen Spiegel vorhielt und daraus ein Mohr als Musiker entgegenblickte, bemerkte er, dass sich die Kollegen mit ihm einen Schabernack erlaubt hatten. Sein anfänglicher Zorn verflog aber bald wieder und man kann sich vorstellen, dass es nach dem Rennbahnkonzert ein feucht-fröhliches Nachspiel gab.

Radauer Josef sen.


Wie es begann...

Georg Denk, Georg Schauer, Bindermeister Karl Seikmann

Auch wenn ich mich eigentlich noch heute als junger Musiker fühle, so ist es doch schon 25 Jahre her, daß wir Buben vom Franzenbauern vom "vorderen" Gaisberg, ein Blasmusikinstrument zu erlernen begonnen haben. Wie es dazu kam, weiß ich nicht mehr genau. Wir stammen nicht aus einer der alten Musikerfamilien, die seit je her das Rückgrat der Musik gewesen sind.

Eingefädelt hat es wohl unser Nachbar Schauer Georg, von allen "Schurl" genannt, und damals erster Posaunist bei der Musikkapelle Aigen. Schurl wurde also unser erster Lehrer, als ich mit einer Ventilposaune und mein Bruder mit dem Es-Horn und noch drei andere junge Burschen, welche aber bald das Handtuch warfen, ihre Ausbildung begannen. Wir zählten wahrscheinlich zu den Letzten, deren Ausbildung auf diese Weise bei einem Mitglied der Kapelle ihren Anfang nahm.

Ich war damals zwölf und für mein Alter zart gebaut, sodass ich mit dem schweren Gerät von Ventilposaune, wo die Luft auch an ursprünglich nicht vorgesehenen Löchern heraus blies, schwer zu kämpfen hatte. Doch wir blieben hartnäckig und gaben zumindest ein Mal in der Woche unser Bestes. Schließlich, nach 2 Jahren, durften wir erstmals eine Probe besuchen. Im alten Skoda von Schurl fuhren wir einigermaßen aufgeregt den neuen Tatsachen entgegen und hatten nicht damit gerechnet, so spät am Abend wieder nach Hause zurück zu kehren. Unser Chauffeur und Vorbild war und ist ein geselliger Zeitgenosse, und hatte schon damals die Angewohnheit, weltlichen Genüssen, auch jenen in flüssiger Form, eine angemessene Zeit einzuräumen. Wir wappneten uns also mit Geduld. Heute aber sind wir selbst -jetzt völlig freiwillig- immer bei den Letzten, welche die Probe in guter Stimmung verlassen.

Als Probelokal diente damals ein Stüberl im Gasthof Pliemgut, vulgo "Neuhäusl" mit den Ausmaßen von 4,5 mal 6 m. Ehrlich!- Ich habe es kürzlich noch einmal nachgemessen. Das ergibt mit 27 m2 weniger als 1 m2 bei 30 Musikern, wenn nicht das Ungetüm von Notenschrank die ganze Rechnung zunichte gemacht hätte. Außerdem war da noch ein Ofen, der an kalten Winterprobetagen dunkelrot glühte, was den Trompetern, zumindest halbseitig schwer zu schaffen machte. Die Klarinetten, Es-Trompeten und wir aber froren an den gegenüber liegenden eiskalten Mauern. Ob es in der Mitte eine Zone gemäßigten Klimas gab, ist mir nicht bekannt. Diese für heutige Verhältnisse widrigen Umstände taten aber der Freude am Musizieren keinesfalls Abbruch und so schwebte viel Rauch, Bierdunst und ungedämpfte aber lebendige Musik durch den Raum. Nach der Probe gesellte sich auch noch der Duft von warmen Leberkässemmeln dazu, welche uns von unserer Wirtin "Burgi" und ihrem Hund "Rex" serviert wurden, auch wenn wir nie so recht wussten, was der Rex in der Küche so alles anstellte....

Erstmals mit der Musikkapelle ausrücken durften die jungen Musiker damals immer am "Prangtag", also zu Fronleichnam. Ich habe damals bestimmt nicht viele Töne gespielt, aber ich war schon stolz, den richtigen Schritt gefunden zu haben.

Zu den vielen Fertigkeiten, die uns im Zuge der Probenbesuche von unserem vielseitigen Lehrer nahe gebracht wurden, gehörte auch das Autofahren. Seinem fröhlich-heiterem Gemüt, und manchmal auch Zustand, verdankten wir unsere ersten ungemein spannenden Nachtfahrstunden auf den Gaisberg. Wenn ich heute die Wege von damals betrachte, muss ich feststellen, dass es wohl eine gute Schule gewesen ist.

Zu den Dingen, die man in jungen Jahren (frühzeitig) mit der Musikkapelle erlebt, gehört auch der erste Schwips. So war es natürlich auch bei uns. Der Herr Graf Revertera veranstaltete damals ein Zeltfest und wir erhielten auch unsere Ration von 2 Freibier, über die wir uns im jugendlichen Leichtsinn hermachten. Nach der Veranstaltung brachte uns der Göd, er wird von uns auch heute noch so genannt, bis zum "Stocker Millibankerl". Von da weg wären es noch ca. 20 Minuten zu gehen gewesen. Tja, wenn wir nüchtern gewesen wären und wenn das verdammte Feld, über das der Heimweg noch führte, nicht so breit gewesen wäre...

Uns beiden Brüdern sind noch 3 weitere Geschwister in die Musik gefolgt. Zusammen mit unserer Schwester als Marketenderin, welche heiratsweise inzwischen wieder ausgeschieden ist, waren also 6 von 8 Geschwistern irgendwann in der Musikkapelle tätig! Es freut mich, daß ein Instrument zu spielen eine so große Anziehungskraft ausgeübt hat und wir Buben vom Franzenbauern jetzt auch zur Stammmannschaft der Musik zählen.

Heute bin ich froh, in einer Kapelle zuhause sein zu können, in der der Mensch und nicht nur die Noten etwas zählen. In der es gerne gesehen wird, wenn sich unsere älteren Musiker wohlfühlen, welche uns nicht nur das Musizieren gelernt haben, sondern auch als Kameraden und in anderen Dingen oft Vorbild waren und heute noch sind.

Johann Ebner
verfasst 1995 zum 150 jährigen Bestand der Kapelle.